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Barrierefreier Umbau im Sondereigentum: Was WEG-Mitglieder wissen müssen

Ein älterer Wohnungseigentümer kommt nach einem Krankenhausaufenthalt nur noch mühsam in seine Dusche. Die hohe Einstiegskante wird zum täglichen Hindernis. Er möchte das Bad umbauen lassen – altersgerecht und barrierefrei. Die Idee: eine bodengleiche Dusche, Haltegriffe und mehr Bewegungsfläche. Doch darf er das nach WEG-Recht einfach so umsetzen? Was bedeutet barrierefreier Umbau im Sondereigentum? Und was passiert, wenn auch der Eingangsbereich angepasst werden soll?

Das Wichtigste in Kürze

  • Eigentümer und Eigentümerinnen haben einen Anspruch auf barrierefreie Umbauten, wenn die Maßnahme angemessen ist und niemand unzumutbar benachteiligt wird (§ 20 Abs. 2 WEG).
  • Die Eigentümergemeinschaft entscheidet über das „Ob“ und das „Wie“ der baulichen Veränderung per Mehrheitsbeschluss. Sie darf die Veränderung aber nur in Ausnahmefällen ablehnen.
  • Die Kosten trägt vollständig derjenige, der den Umbau beantragt – auch Instandhaltung und Rückbau (§ 21 Abs. 1 WEG).
  • Fördermittel wie KfW-Kredite oder Zuschüsse der ILB können die Finanzierung unterstützen – je nach Bundesland und Vorhaben.

Was bedeutet „Sondereigentum“ und welche Rechte bestehen?

Sondereigentum bezeichnet die Bereiche einer Eigentumswohnung, über die Eigentümer und Eigentümerinnen allein verfügen dürfen. Dazu gehören alle abgeschlossenen Räume der Wohnung, nicht tragende Innenwände, Bodenbeläge, Innentüren sowie meist auch zugeordnete Keller- oder Dachbodenräume.

Innerhalb des Sondereigentums haben Sie das Recht, nach Ihren Vorstellungen zu renovieren oder umzubauen, solange keine Eingriffe ins Gemeinschaftseigentum erfolgen. Auch tragen Sie die Kosten für die Instandhaltung oder Modernisierung selbst. Was nicht zum Sondereigentum zählt, ist alles, was für das Gebäude als Ganzes wichtig ist: Fassade, Dach, tragende Wände, Leitungen oder das Treppenhaus. Diese Bereiche gehören der Eigentümergemeinschaft und dürfen nur gemeinsam verändert werden.


Barrierefreiheit im Wohnungseigentumsgesetz (WEG)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen die Rechte von Wohnungseigentümern und -eigentümerinnen auf barrierefreie Umbauten gestärkt. Mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) im Jahr 2020 wurden die Voraussetzungen für bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum neu gestaltet.

Kern der Reform sind die überarbeiteten Paragrafen § 20 und § 21 WEG. Nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 WEG hat jeder Eigentümer und jede Eigentümerin Anspruch darauf, dass ihm bzw. ihr eine angemessene bauliche Veränderung gestattet wird, wenn sie dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderung dient. Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob die betroffene Person tatsächlich behindert ist. Auch eine Rampe für Kinderwagen kann darunterfallen. Es genügt, dass die Maßnahme Barrierefreiheit fördert.

All jene baulichen Maßnahmen gelten als privilegiert: Sie dürfen nur dann abgelehnt werden, wenn sie die Wohnanlage grundlegend verändern oder einzelne Eigentümer oder Eigentümerinnen unzumutbar benachteiligen. Das hat der Bundesgerichtshof 2024 erneut bestätigt (BGH, Urt. v. 9.2.2024, V ZR 33/23).

Wer einen solchen Umbau veranlasst, muss ihn allerdings selbst bezahlen. Nach § 21 Abs. 1 WEG trägt der Antragsteller bzw. die Antragstellerin die Kosten in voller Höhe. Dafür steht ihm bzw. ihr auch allein die Nutzung zu. Die übrigen Eigentümer und Eigentümerinnen werden finanziell nicht beteiligt. Gleichzeitig können sie gegen die Maßnahme nicht mehr einzeln klagen. Ein Einspruch ist nur noch durch die Gemeinschaft als Ganzes möglich.
Für Wohnungseigentümer und -eigentümerinnen bedeutet das: Barrierefreiheit darf umgesetzt werden, aber auf eigene Kosten und unter Wahrung der Rechte der Gemeinschaft. Wer ein solches Vorhaben plant, sollte es rechtlich vorbereiten, technisch prüfen lassen und frühzeitig das Gespräch mit der Eigentümergemeinschaft suchen.


Genehmigungspflicht für barrierefreie Umbaumaßnahmen

Ein Eigentümer im Rollstuhl möchte die Wohnanlage eigenständig erreichen. Dafür soll eine Rampe installiert oder ein Aufzug angebaut werden. Früher wäre das nur mit Zustimmung der Mehrheit möglich gewesen. Heute ist klar: Wenn bauliche Maßnahmen der Barrierefreiheit dienen, besteht unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch, auch gegen den Willen einzelner Miteigentümer oder -eigentümerinnen.

Zu den sogenannten privilegierten baulichen Veränderungen zählen unter anderem:

  • Einbau eines Treppenlifts im gemeinschaftlichen Treppenhaus
  • Montage einer Rollstuhlrampe am Hauseingang
  • Verbreiterung der Haustür
  • Montage eines einklappbaren zweiten Handlaufs
  • Einbau eines Außenaufzugs – sogar an einem denkmalgeschützten Gebäude
  • Einsetzen einer Tür anstelle eines Fensters, wenn dies den Zugang verbessert

Das Gesetz erkennt damit an, dass Barrierefreiheit kein Luxus, sondern Grundvoraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben ist.


Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG)

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen dem Ob und dem Wie der Maßnahme:

Zunächst muss die WEG grundsätzlich zustimmen, dass die Veränderung stattfinden darf (Ob-Beschluss). Dieser Beschluss wird mit einfacher Mehrheit gefasst. Die Gemeinschaft kann entscheiden, ob sie die Maßnahme selbst umsetzt oder dem Eigentümer bzw. der Eigentümerin die Durchführung erlaubt.

Im zweiten Schritt bestimmt die Gemeinschaft, wie die bauliche Maßnahme aussehen soll (Wie-Beschluss). Dabei kann sie festlegen, welches Material verwendet wird, welche Fristen gelten oder ob Genehmigungen einzuholen sind. Auch Auflagen wie eine Rückbaukaution sind möglich. Voraussetzung: Der Antragsteller oder die Antragstellerin muss der Gemeinschaft rechtzeitig alle Informationen und Planungsunterlagen zur Verfügung stellen.

Die Verweigerung von baulichen Veränderungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit in einer Eigentümergemeinschaft darf laut Gericht nur dann erfolgen, wenn es sich um einen vollkommen unverhältnismäßigen Eingriff oder einen außergewöhnlichen Sonderwunsch handelt.


Finanzielle Fragen: Kostenverteilung und Zuschüsse

Wie bereits erwähnt trägt nach § 21 Abs. 1 WEG derjenige die vollständige finanzielle Last, der die Maßnahme verlangt. Eine Kostenbeteiligung der übrigen Eigentümer und Eigentümerinnen ist nicht vorgesehen. Die Regelung gilt auch für zukünftige Eigentümer und Eigentümerinnen. Der Beschluss und die Kostentragungspflicht wirken über einen Eigentumswechsel hinaus.

Der Investitionszuschuss Barrierereduzierung (Programm 455-B) der KfW ist derzeit nicht verfügbar, aber es gibt alternative Finanzierungsmöglichkeiten:

  • Altersgerecht Umbauen – Kredit (Programm 159):

Das KfW-Programm schafft Zugang zu einem zinsgünstigen Kredit bis zu 50.000 € pro Wohneinheit für Maßnahmen zur Barrierereduzierung. Antragsberechtigt sind Privatpersonen, die Wohnraum barrierearm umbauen oder barrierearm umgebauten Wohnraum erwerben möchten.

  • ILB Brandenburg:

Für schwerstbehinderte Personen stellt die ILB Zuschüsse von bis zu 26.000 € für die barrierefreie Umgestaltung des Wohnraums zur Verfügung. Diese Förderung kann mit KfW-Programmen kombiniert werden.

Bei gemeinschaftlichen Umbauvorhaben stellt die Verwaltung der WEG oder eine bevollmächtigte Person einen Antrag im KfW-Zuschussportal. Bei Maßnahmen, die ausschließlich das Sondereigentum einzelner Eigentümer oder Eigentümerinnen betreffen, können diese oder deren Mieter bzw. Mieterinnen den Antrag stellen.


Fazit

Wer innerhalb des Sondereigentums barrierefrei umbauen möchte, hat grundsätzlich weitreichende Rechte. Doch sobald das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, braucht es klare Abstimmungen mit der Eigentümergemeinschaft. Ein Anspruch auf bauliche Veränderungen besteht nur dann, wenn die Maßnahme angemessen ist und keine unzumutbaren Nachteile für andere Eigentümer und Eigentümerinnen entstehen.

Entscheidend ist daher: Kommunizieren Sie frühzeitig mit der WEG, legen Sie Planungsunterlagen offen und bereiten Sie Beschlussvorschläge gut vor. So vermeiden Sie Konflikte und setzen Ihr Anliegen rechtssicher um.

Als Anwalt für Immobilien- und Wohnungseigentumsrecht in Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf unterstütze ich Sie fundiert bei der rechtlichen Planung und Umsetzung barrierefreier Maßnahmen innerhalb Ihrer WEG. Vereinbaren Sie jetzt Ihr unverbindliches Erstgespräch. Ich helfe Ihnen gern weiter!